bears and more • Klaus Pommerenke
 
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9. Februar 2013
Diskussion über Alternativen zum Northern Gateway Pipeline-Projekt: Öltransport auf Schienen nach Prince Rupert oder per Pipeline
nach Alaska oder Ostkanada
 
Schon seit langem ist bekannt, dass die Ölgewinnung aus den Teersanden Albertas zu den klimaschädlichsten und umweltzerstörerischsten Ölförderungen weltweit gehört. Trotzdem versuchen die kanadische Regierung und die Ölkonzerne alles, um dieses Öl auf dem Weltmarkt absetzen zu können, notfalls mit Preisabschlägen für die Abnehmer, die zunehmend auf dem asiatischen Markt zu finden sind. Durch die Northern Gateway Pipeline nach Kitimat soll das Öl möglichst gewinnbringend an die Westküste Kanadas transportiert werden, um Nachteile durch den entfernt liegenden Förderstandort und die schwierigere Weiterverarbeitung wettzumachen. Das Öl aus den Teersanden muss erst durch Kondensat „fließbar“ gemacht werden, um es überhaupt durch Pipelines pumpen zu können, es ist schwieriger weiterzuverarbeiten als Öl, welches z. B. in den USA gefördert wird. Gleichzeitig sind die Pipelinekapazitäten, um dieses dreckige Öl aus den Teersanden zu den Märkten zu bringen, noch begrenzt und so lamentieren die Ölkonzerne, die in den Teersande-Abbaugebieten aktiv sind, über eine doppelte Benachteiligung. Brian Ferguson, Chef der Cenovus Energy Inc. rechnete unlängst vor, dass jeder Kanadier pro Jahr die US-Energieverbraucher mit 1.200 CAD subventioniere, weil der Preis für das schmutzige Öl aus den Teersanden zu niedrig sei. Ein Barrel Öl aus den Teersanden erziele einen um 40 CAD niedrigeren Preis als z. B. Öl aus Texas (West Texas Intermediate), wobei selbst dieses texanische Öl unter dem sonst üblichen Weltmarktpreis abgegeben werden müsse. Zwischen 18 und 36 Milliarden CAD pro Jahr würden so den kanadischen Ölkonzernen verloren gehen, jammerte Ferguson. Statt die gigantischen Umweltzerstörungen durch den Teersande-Abbau in Alberta generell zu überdenken, forderte Ferguson natürlich etwas ganz anderes: Den Ausbau jedweder Pipelinekapazität, um das Öl profitabler abtransportieren zu können. „I’m in favour of all pipelines going everywhere“ erklärte er.
Eine Alternative zum Bau der Northern Gateway Pipeline nach Kitimat sieht die Nexen Inc. bereits im Transport des Öls auf dem Schienenweg nach Prince Rupert. In Eisenbahn-Tankwagen soll das Öl auf der bestehenden Eisenbahnstrecke der Canadian National Railway Co. (CN) über Prince George und Terrace entlang des Skeena River nach Prince Rupert bzw. Port Edward (Ridley Island Terminal) transportiert werden. Die Hafenbehörde von Prince Rupert hat offensichtlich bereits Ende 2011 Landflächen ausgewählt, die für den Export von Öl genutzt werden könnten. Dies dürfte Nexen zur Entwicklung seines „rail-to-water“-Konzeptes für den Öltransport ermutigt haben. Eine „pipeline-on-rail“ birgt jedoch deutlich mehr Gefahren für die Umwelt als Ölpipelines. Dies räumte sogar Marcel Coutu, Chef der Candian Oil Sands Ltd. ein: „Railing oil is not as safe and not as cheap as pipelining it. So in the long term, that is probably not the best solution.“ 16 Umweltschutzgruppen haben bereits einen Protestbrief an den Vorsitzenden der CN, Claude Mongeau, unterzeichnet. „Unfortunately, … there are far greater fatality, injury and environmental risks when transporting crude oil by rail than by pipeline … The industry itself acknowledges that trains have nearly three times the number of spills as pipelines (which provides little comfort given Enbridge’s oil spill report)“, heißt es in dem Brief. Im August 2005 kam es durch Zugentgleisungen bei CN zu zwei schweren Unglücken: 65 km westlich von Edmonton ergossen sich 800.000 Liter Öl und Holzimprägniermittel in den Wabamun Lake, töteten Fische und Vögel. 18 Monate lang musste die Bevölkerung durch Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden. Bei Squamish in BC flossen zwei Tage später 40.000 Liter Ätznatron in den Cheakamus River und töteten mehr als eine halbe Million Fische. Laut eines Berichtes dürfte es Jahrzehnte dauern, bis sich der Lachsbestand erholt haben wird. CN wurde wegen der Unfälle zu einer Strafe von 1,8 Millionen CAD verurteilt.
In dem Brief der Umweltschutzorganisationen (u. a. Greenpeace Canada, West Coast Environmental Law und Sierra Club BC) heißt es: „Should CN decide to try to move forward with its proposal, it would face major opposition and risks to the company … We urge you to stop any forward movement with shipping tar sands oil by rail through British Columbia.“ Auch die Hafenbehörde von Prince Rupert sieht sich jetzt massiver Kritik ausgesetzt. Es habe lediglich Vorgespräche mit Nexen gegeben („very preliminary“). Michael Gurney von der Hafenmeisterei räumte ein: „Yes, we’ve had engagement and dialogue with Nexen on the concept of a terminal.“ Vor über einem Jahr hätten die Gespräche begonnen: „We really want to emphasize that this has not yet even evolved into a project. This is a concept that they are exploring at the port authority.“ Mark Hallman, Sprecher von CN Rail erklärte unterdessen in der Financial Post vom 31.1.2013: „CN has improved its safety record.“ Tatsache ist jedoch, dass CN alleine im Januar 2013 zwei Zugentgleisungen melden musste, eine davon in Saskatoon mit Öltankwagen. Das Entgleisen eines Güterzuges mit Tankwagen hätte vor allem entlang des Skeena und Fraser River, zwei der wichtigsten Lachsflüsse in BC, fatale Folgen. Zwischen Prince George und Prince Rupert quert die Eisenbahn zudem hunderte andere Wasserläufe, die ebenfalls wichtige Fischgewässer sind. In ihrem Beitrag „Rail or Pipe, it is Still the Great Bear Rainforest“ schrieb Claire Hume für Pacific Wild: „Regardless of whether the bitumen is transported in a new pipeline system or by enormous chains of clanking rail cars, at the end of the line it is still destined to be loaded into super tankers for export off shore. The use of tankers along B.C.’s coast threatens the health and survival of one of the world’s most spectacular shorelines. Navigating the waters of Western Canada in an oil tanker poses a challenging task and any type of spill could inflict devastating damage on the region. There is also growing concern over the impact of engine noise on marine animals, such as whales who rely on echolocation to communicate, travel safely around obstacles, and find food. A drastic increase in marine noise levels could drive animals away from the region, their critical habitat, or injure and kill the ones left behind. For Pacific Wild, the ‚No Tankers‘ stance remains consistent. Regardless of whether the oil is moved by pipes or rail, the end result still involves tankers that would put the Great Bear Rainforest at great risk.“
Albertas Energieminister Ken Huges und die Premierministerin von Alberta, Alison Redford, scheinen langsam die Nerven zu verlieren angesichts des Widerstandes gegen das Northern Gateway Pipeline-Projekt und jetzt auch gegen die Pläne, das Öl auf dem Schienenweg nach Prince Rupert zu bringen. „Not all roads lead through British Columbia“ bemerkte Ken Huges vielsagend. Was er damit meinte, formulierte Don Braid im Calgary Herald vom 29.1.2013 (Huges knows there’s more than one way to ship Alberta oil): „If B.C. won’t transport bitumen, Alberta will find somebody who’s glad to do it.“ Es gibt bereits Überlegungen, das Öl aus den Teersanden Albertas nach Churchill/Manitoba an die Hudson Bay zu pumpen, um es von dort aus mit Öltankern durch die Hudson Strait südlich von Baffin Island und die Labrador See abzutransportieren. Soll der Lebensraum der Eisbären an der Hudson Bay durch Eisbrecher, die Fahrrinnen für Öltanker freihalten, durchschnitten und noch mehr gefährdet werden? Andere Pläne sehen vor, das Öl aus Alberta unter Umgehung von BC durch den Yukon nach Alaska zu transportieren. Es soll ein Anschluss an die Trans-Alaska-Pipeline hergestellt werden, um das Öl von Valdez aus durch den Prince William Sound zu verschiffen, auf der Tankerroute, auf der sich bereits die Exxon Valdez-Ölpest ereignet hat. Zur Trans-Alaska-Pipeline und dieser Alternative meinte Huges: „The pipeline there is only 50 per cent full and declining in volume … Valdez has a deep water port, it has a refinery, it has storage capacity.“ Wie die in die Jahre gekommene und zwischenzeitlich ziemlich marode Trans-Alaska-Pipeline auf das aggressivere und korrosionsfördernde Öl aus den Teersanden Albertas reagieren würde, wird bislang nicht diskutiert. Der Premierminister von New Brunswick, David Alward, scheint ebenfalls interessiert daran zu sein, Öl aus den Teersanden nach Saint John bringen zu lassen, um es von dort aus verschiffen zu können. Durch Umkehr der Fließrichtung bestehender Pipelines könnte das Öl aus Alberta auch nach Montreal oder zu den Raffinerien nach Quebec gelangen. Der Ausbau der Trans-Mountain-Pipeline von Kinder Morgan nach Burnaby bei Vancouver stößt ebenfalls bereits jetzt auf starken Widerstand. Eine Kapazitätserhöhung dieser Pipeline würde den Öltankerverkehr von und nach Vancouver von derzeit etwa 70 Tankern pro Jahr auf über 360 pro Jahr erhöhen. Die Erhöhung der Pipelinekapazität von aktuell 300.000 Barrel pro Tag auf bis zu 890.000 Barrel zukünftig ließe sich Kinder Morgan gut bezahlen: Die Durchleitegebühren für das Öl aus Alberta wären sehr hoch, so hoch, dass einer der in den Teersandgebieten tätigen Konzerne (Suncor) bereits gegen Kinder Morgan klagt. Die Monopolposition für den Öltransport an die Westküste würde schamlos mit Wucherpreisen ausgenützt, was den eigenen Profit schmälere.
 
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