bears and more • Klaus Pommerenke
 
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9. September 2013
Zehntausende Lachse aus bedrohten Populationen werden während
der diesjährigen Lachsfangsaison nutzlos getötet und weggeworfen
 
Mitte August deckten die Watershed Watch Salmon Society, der SkeenaWild Conservation Trust und die Raincoast Conservation Foundation skandalöse Verstöße gegen geltende Vorschriften beim Lachsfang auf. Lang mussten die Fischer mit ihren Fischkuttern dieses Jahr warten, bis das Fischereiministerium (Department of Fisheries and Oceans, DFO) die Lachsfangsaison eröffnete und die Lachsfischerei erlaubte, oft nur für wenige Tage innerhalb eines bestimmten Gebietes. Die Rotlachsfischerei (Sockeye salmon, Oncorhynchus nerka) im Skeena River bleibt die gesamte Saison verboten, da dieses Jahr extrem wenige Rotlachse in den Skeena River zurückkehren und ein Bestandszusammenbruch droht. Dies ist ein harter Schlag vor allem für die First Nations, die auf den traditionellen Nahrungserwerb durch die Rotlachsfischerei angewiesen sind. Viele Lachspopulationen, die in die Flüsse in BC zum Laichen zurückkehren, sind in ihrem Bestand akut bedroht und trotzdem werden zehntausende dieser Lachse völlig nutzlos getötet und weggeworfen. Alleine im zentralen und nördlichen Küstenabschnitt von BC gibt es – oder besser gesagt gab es – über 2.600 lachsführende Flüsse. Den Lachsen kommt innerhalb des gesamten Ökosystems entlang der Küste eine Schlüsselfunktion zu. Für die Bären und Wölfe der Regenwaldküste sind im Herbst vor allem die Buckellachs eine der wichtigsten Nahrungsquellen, jedoch profitieren über 190 Tier- und Pflanzenarten von den fünf pazifischen Lachsarten: Sockeye (Rotlachse oder Blaurückenlachse), Pink salmon (Buckellachse, Oncorhynchus gorbuscha), Chum salmon (Hunds- oder Ketalachse, Oncorhynchus keta), Chinook salmon/King/Spring (Königslachse, O. tshawytscha) und Coho (Silberlachse, O. kisutch).
 
Buckellachs nach dem Ablaichen in einem Fluss im Great Bear Rainforest © Klaus Pommerenke
 
In einem schockierenden Video wurden die Praktiken der Fischer beim diesjährigen Lachsfang auf ihren Fischerbooten dokumentiert. Sie zeigen klare Verstöße gegen die Fischereivorschriften, doch das DFO führt nur äußerst sporadisch Kontrollen durch, um die Einhaltung der Vorschriften zu überwachen. Als wir im August vor Ort waren, wurde die Lachsfischerei vom DFO für Buckellachse (Pink salmon) im Fischereigebiet 6 erlaubt. Dieses Gebiet liegt südwestlich von Kitimat, umfasst u. a. den Douglas Channel, die Gewässer südlich von Hartley Bay, den Whale Channel und die Gewässer um Gil Island. Die Pink salmon kehren dieses Jahr zwar spät, aber in großer Zahl an die Küste zurück und dürfen gefangen werden. Geraten jedoch andere Lachsarten in die Netze der Fischer, so müssen diese umgehend aussortiert und wieder frei gelassen werden und zwar so schonend, dass sie überleben. Sie sollen die Chance haben, unbeschadet in ihre Laichgewässer zu schwimmen, dort abzulaichen und für den Fortbestand der bedrohten Populationen zu sorgen.
 
Schwarzbär beim Fressen von Buckellachs © Klaus Pommerenke
 
Bereits seit vielen Jahren wird gegen diese Vorschriften immer wieder verstoßen. „Fisheries targeting abundant pink salmon runs on BC’s north coast must release chum, sockeye, and other salmon because of concerns for their low abundance in the Nass, Skeena, and dozens of other BC rivers. In the two previous fishing seasons, Watershed Watch Salmon Society, SkeenaWild Conservation Trust, and Raincoast Conservation Foundation have complained about hundreds of tons of salmon being thrown back into the water dead or nearly dead.“, hieß es in einer Pressemeldung der drei Umweltschutzgruppen bereits im August 2013 (New evidence shows thousands of unwanted salmon are needlessly killed when no one is watching the fishermen: Groups want oversight. Raincoast Conservation Foundation, 15. August 2013). In dieser Pressemeldung der Raincoast Conservation Foundation findet sich auch das achtminütige Video, auf welchem diese eklatanten Verstöße dokumentiert sind (2013 Area 6 Seine Fishery: A Fishery out of Control). Das Video ist online anzusehen unter: www.raincoast.org/media/in-the-news/salmon-in-the-news/area-6-fishery/. Hierin heißt es: „This is a story of rampant abuse, non-compliance with license regulations and illegal fishing practices. During this year’s fishing season commercial fishermen on BC’s north coast have discarded around 167.000 chum, chinook, sockeye and other prohibited salmon species, many of them from severely depleted populations in order to catch around 7 million pink salmon.“ Das DFO will wie üblich von all den Verstößen nichts gewusst haben. Larry Paike, DFO-Direktor der Abteilung Conservation and Protection, machte auch noch falsche Angaben darüber, wieviel Prozent der Lachsfischerei 2013 angeblich kontrolliert werden, nämlich 20 %. Aaron Hill von der Watershed Watch Salmon Society bezeichnete diese Angaben als komplett falsch: „They [DFO] had 5 % coverage, and not a single enforcement officer on the grounds. They had a contractor patrolman who has no enforcement powers – similar to a security guard – present for the largest salmon fishery in Canada this year.“ Gänzlich unwissend zeigte sich Larry Paike auch über die Zahl von 24.000 toten Lachsen anderer Arten, die in der Fischfabrik in Prince Rupert zusammen mit den kleinen Buckellachsen angeliefert wurden und deren Fang verboten war. „This number comes from DFO’s own publicly available statistics! How can DFO’s head of enforcerment for the entire west coast not know this“, fragte sich Aaron Hill. Greg Taylor von SkeenaWild erklärte: „DFO does not take the waste of tens of tens of thousands of salmon from depleted populations seriously. They are more interested in defending corporations like the Pattison Group than ensuring the conservation of depleted salmon populations. The solutions are simple: 100 % observer coverage like most other fleets in BC have, and consequences for law-breakers. They need to stop denying the obvious, stop making excuses, do their job and fix the problem.“
 
Spirit-Bär mit Buckellachs © Klaus Pommerenke
 
Die Pattison Group kontrolliert den größten Teil der Fischereiflotte in BC und ist BCs führender Lachsverarbeiter. Zu ihr gehören die Ketten Save on foods, Overwaitea und die Marken Western Family, Gold Seal und Ocean’s. Weder die Pattison Group noch das DFO haben ein wirkliches Interesse daran, die Fangpraktiken zu kontrollieren, mit dem Resultat, dass bis Mitte August bereits 167.000 Lachse verbotenerweise aus bedrohten Lachspopulationen von der Fischerei entlang der Nordküste von BC angelandet wurden, die 24.000 toten Lachse in der Fischfabrik von Prince Rupert nicht mitgerechnet.
Statt die Fangpraktiken endlich besser zu überwachen und die notwendigen strikten Kontrollen durchzuführen, werden jetzt die im Video zu sehenden Fischer als alleinige Sündenböcke vom DFO an den Pranger gestellt. „Having a few fishermen charged, and their lives disrupted because they happened to be the first ones in a line when we showed up with our camera is not going to fix the broken management system that let this fishery get so far out of control“, sagte Aaron Hill. „All three of the boats we filmed mishandled fish, and now DFO and the Jim Pattison Group are trying to paint them as ‚just a few bad actors‘? It’s outrageous. The practices we exposed are commonplace in this fleet, but the fishermen are the solution; DFO and companies like the Pattison Group are the problem.“ Greg Knox von SkeenaWild ergänzte: „… if anyone should be taking the fall here, it’s the Fisheries Minister, top bureaucrats and fishing company executives who have ignored these problems for decades, not the people working to feed their families under a broken system that rewards bad behavior.“
 
Wolfsrudel mit Welpen beim Fang von Buckellachsen © Klaus Pommerenke
 
Wie sehr die Fischer um das Überleben kämpfen müssen, zeigte ein Streik Ende Juli in Prince Rupert. Canfisco (Canadian Fishing Company), seit 1984 Teil der Jim Pattison Group mit ihrem marktbeherrschenden Preisdiktat, bot den Fischern in Prince Rupert pro Pound (453,59 Gramm) angeliefertem Buckellachs nur noch einen Ankaufspreis von 25 Cent. 200 Fischer auf allen 36 für Canfisco arbeitenden Fischkuttern traten daraufhin in einen 48-Stunden-Streik und versammelten sich vor der Canfisco Oceanside Plant in Prince Rupert. Schließlich einigte man sich zähneknirschend auf einen Ankaufspreis von 28 Cent pro Pound Buckellachs. „We have no bargaining power“, sagte Chris Cook, Sprecher der Fischer. „We used to have a minimum price that they couldn’t get lower. But we don’t have that now. They won’t even sit on the table. The same fish we’re getting 28 cents a pound you’re paying two or three dollars a pound at Safeway.“ Im Supermarkt zahlt der Verbraucher das Zehnfache von dem, was die Fischer bekommen und sie werden vermutlich bald noch weniger erhalten. Der Markt bestimmt die Preise und Rob Morely von Canfisco kündigte an, dass der Preis pro Pound bald auf 15 Cent sinken könne: „We have already caught more pink salmon this year than we planned on catching for the entire season …“, erklärte er schon Ende Juli. Canfisco gehören 90 % der Fischkutter und so kann die marktbeherrschende Position natürlich schamlos ausgenützt werden. Auch in Alaska wird die Rückkehr von bis zu 56 Millionen Pink salmon erwartet und dem Fischerei-Raubzug von Canfisco und seinem Alaska-Partner AGS (Alaska General Seafoods) werden noch weitere zehntausende Lachse aus bedrohten Wildlachspopulationen anderer Lachsarten zum Opfer fallen, weil das DFO nicht willens ist, Kontrollen durchzuführen. Längst sagen Kritiker der Fischerei-Wirtschaft in Kanada, dass das, was man dem DFO anvertraut, aus wissenschaftlicher Ignoranz und wirtschaftlichen Erwägungen heraus bis zum Bestandszusammenbruch verwaltet wird. Bestes Beispiel hierfür ist die Dorschfischerei in Neufundland, die wegen völlig überhöhter Fangquoten zum Kollaps der Dorschbestände und zum Zusammenbruch der dortigen Fischerei geführt hat. Seit Jahren ist das DFO dabei, durch eine verfehlte Fischereipolitik einerseits und die Genehmigung von immer mehr Zuchtlachsfarmen andererseits die pazifischen Wildlachspopulationen massiv zu gefährden. Gerade die Rotlachspopulation im Skeena River und viele Hundslachspopulationen bedürfen eines umfassenden und sofortigen Schutzes, um ihren Bestand zu sichern. Zehntausende nutzlos getötete und als Beifang weggeworfene Lachse aus diesen gefährdeten Populationen bringen sie an den äußersten Rand des Bestandszusammenbruchs. Dies sollte auch das DFO einsehen und zum Handeln bringen. Eine strikte Kontrolle der Fischer auf Einhaltung der Vorschriften ist seit vielen Jahren überfällig. Ohne diese Kontrollen werden sich solch skrupellose Bilder wie die im aktuellen Video der drei Umweltschutzgruppen dokumentierten schon bald wiederholen und weitere Jahre die Regel bleiben, bis hin zur völligen Ausrottung mancher Wildlachspopulationen. Auch die Pattison Group und vor allem Canfisco stehen in der Pflicht, die Versprechen, die sie Verbrauchern gegenüber auf ihren Firmenwebsites machen, auch einzuhalten. So verkündet Dan Nomura, Präsident von Canfisco, auf der Firmenwebsite (www.canfisco.com): „Our fishing fleet harvests seafood in a responsible manner and we support sustainably managed fisheries, as well as maintenance of pristine ocean environment.“ Die aktuellen Videobilder der drei Umweltschutzgruppen belegen eindrücklich, wie weit Anspruch und Wirklichkeit in der Lachsfangsaison 2013 auseinander liegen.
 
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